03. Februar 2020 | Josef Reitberger
(MORITZ DIETHELM / EFAHRER.com)Autos brauchen im Winter besondere Ausrüstung.
Ein Basismodell ab 35.000 Dollar hatte Elon Musk bei der Präsentation des Model 3 versprochen und damit die ganze Auto-Branche in Aufruhr versetzt. Auch wenn man die deutsche Mehrwertsteuer auf diesen Zielpreis aufschlägt: Das aktuelle deutsche Basis-Modell ist nach Abzug der staatlichen Förderung immer noch mindestens 4.000 Euro über dieser Zielmarke. Wieviel Verzicht man mit dem Kauf der vermeintlichen Schmalspur-Variante des kompakten Amis üben muss, konnte EFAHRER.com in einem ausführlichen Test erfahren.
Tesla Model 3 Standard (2022)
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Reduzierte Ausstattung – nur beim Antrieb
Die technischen Eckdaten des Basismodells, das mit vollem Namen „Model 3 Standard Range Plus“ heißt, bleiben tatsächlich deutlich hinter den Allrad-Topmodellen „Long Range“ und „Performance“ zurück. Der Akku fasst maximal 55 kWh, der Antrieb erfolgt nur über die Hinterräder, und die Leistung liegt mit 190 kW (258 PS) bei etwas mehr als der Hälfte des Top-Modells. Alle anderen Ausstattungs-Details sind aber, zu unserer Überraschung, identisch zu den teuren Varianten. Das beginnt beim serienmäßigen Leder, reicht über das riesige Zentral-Display bis zur Assistenz-Ausstattung. Die immer noch unglücklich benannte Option „Autopilot“ ist mitsamt der rundum verbauten Kameras schon in der billigsten Variante enthalten, das Paket „Volles Potenzial für autonomes Fahren“ kostet 6.300 Euro, kann aber auch später als Software-Update nachgekauft werden.
Die einzigen weiteren aufpreispflichtigen Extras sind Lack-Varianten, 19-Zoll-Felgen und eine Anhängerkupplung (die übrigens nicht nachrüstbar ist). Alles andere ist auch in der Basis schon verbaut!
(EFAHRER.com)Das Tesla Model 3 Standard Range Plus.
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Antrieb – so gut geht die Basis
Im Vergleich zur Performance-Variante wirken die Daten des Basis-Model 3 bescheiden. Im Konkurrenzumfeld, das heute aus Autos wie dem Nissan Leaf und dem Kia e-Niro besteht, sind die 258 PS aber sehr ordentlich. Dass Leistung und Drehmoment auf die Hinterräder wirken statt auf die Vorderachse wirkt sich sehr positiv aus. Dazu kommt, dass Tesla die Traktionskontrolle seit dem ersten Model S immer weiter verfeinert hat – der Reifegrad der Elektronik ist hier mit dem i3s von BMW vergleichbar.
In der Praxis bedeutet das, dass das Model 3 Standard Range Plus nicht nur auf trockener Straße sehr spielerisch in 5,6 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt –die Leistung ist auch auf feuchter Straße gut nutz- und dosierbar. Im Fahrmodus „Standard“ (der andere heißt „Lässig“ und arbeitet mit reduziertem Anfahr-Drehmoment) leistet sich der Antrieb sogar ein fahrdynamisches Schmankerl: Bei Lastwechseln mit vollem Leistungseinsatz in engen Kurven lässt die Elektronik minimalen Schlupf zu. Dabei quietscht oder qualmt nichts, aber der Effekt auf das Kurvenverhalten ist fast mit einer Allradlenkung zu vergleichen. Das Auto dreht sich sehr willig und gleichzeitig sehr kontrolliert in die Kurve ein. Die elektrische Servolenkung erreicht nicht das Niveau der besten hydraulischen Lösungen aus deutschen Premium-Autos, sie ist aber ausreichend direkt und liefert Rückmeldung.
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Insgesamt bedeutet das: Der Basis-Tesla fährt in der Elektro-Klasse unter 45.000 Euro vollkommen konkurrenzlos gut. Wer mehr will, der muss mindestens 80.000 Euro für den Audi e-tron ausgeben. Er macht damit aber auch der dynamischen Verbrenner-Fraktion in Form des BMW 3er oder der Mercedes C-Klasse ernste Konkurrenz. Und im Gegensatz zu weit verbreiteten Vorurteilen ist dieser Tesla erheblich preiswerter als vergleichbar ausgestattete deutsche Premium-Benziner oder gar Diesel.
Reichweite
Die kritischere Einschränkung des Basis-Model 3 im Vergleich zu den teuren Modellen ist natürlich die Akkukapazität. Mit 55 statt 75 Kilowattstunden soll das Auto nach WLTP-Norm 409 Kilometer weit kommen (Long-Range-Modell: 560 km). Im Test wird klar, dass der tatsächliche Kapazitäts-Unterschied noch größer als die nominellen Angaben ist: Während wir ins Performance-Modell bis zu 83 kWh aus der Wallbox laden konnten, blieb beim der Zähler beim Basismodell bei höchstens 54 Kilowattstunden stehen.
Dafür kommt das kleine Model 3 aber mit weniger Energie aus: Tempo 130 auf der Autobahn bedeuten knapp unter 20 Kilowattstunden Verbrauch, das Performance-Modell lag hier noch spürbar höher. Die nutzbare Autobahn-Reichweite liegt so bei gut 260 Kilometern –und lässt sich durch reduzierte Tempomat-Einstellung noch etwas erhöhen. Dem Model 3 kommen hier der günstige cw-Wert (0,24) und die kleine Stirnfläche zugute. Es ist dadurch deutlich verbrauchsgünstiger als etwa der Nissan Leaf e+.
Im Landstraßen- und Stadtbetrieb sind sogar deutlich über 300 Kilometer möglich. An den meisten Tagen im Jahr bewältigt das Auto die anfallenden Fahrstrecken einfach so.
(EFAHRER.com)Das Tesla Model 3 Standard Range Plus.
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Soll es weiter gehen, kommt eine ausgeprägte Inselbegabung des Tesla zur Geltung: Mit dem neuesten Softwarestand (im Test: V12) trauen die Entwickler auch dem Basismodell Ladeleistungen von bis zu 170 Kilowatt zu. Wir konnten das an den Ionity-Schnellladern testen, die während des Testzeitraums mit dem Pauschalpreis von acht Euro auch noch deutlich billiger als die Tesla-eigenen Supercharger waren. Bis zu 164 Kilowatt erschienen dabei im Display. Rechnerisch wäre der Akku damit in 20 Minuten voll, praktisch fällt die Ladeleistung aber schon ab 35 bis 40 Prozent ab. Trotzdem: Mit dieser Ladeleistung schlägt Tesla die komplette Konkurrenz – mit Ausnahme des Porsche Taycan.
Leider sind die deutschen Supercharger-Stationen noch nicht für solche Ladeleistungen gerüstet. Der Ausbau hat aber begonnen.
Die koreanische und japanische Konkurrenz hat nicht nur am Schnelllader das Nachsehen. Auch an Wechselstrom-Stationen oder der heimischen Wallbox ist die dreiphasige Ladeelektronik im Vorteil: elf Kilowatt zieht das Auto aus solchen Anschlüssen und ist damit nach vier Stunden zu 80 Prozent gefüllt, nach knapp sechs Stunden zu 100 Prozent. Die einphasig ladenden Modelle aus dem Kia/Hyundai-Konzern brauchen an heimischen Anschlüssen drei- bis viermal so lang.
Trotz der reduzierten Akku-Kapazität kann man also auch mit dem Basis-Model-3 gelegentliche längere Strecken gut bewältigen.
Assistenzsysteme
Tesla nennt das Standard-Paket an Assistenzsystemen immer noch Autopilot, obwohl diese Bezeichnung in manchen Ländern schon zu juristischen Auseinandersetzungen geführt hat. Dessen ungeachtet funktionieren Spurhalte-Assistent und Abstands-Tempomat richtig gut. In unserem Testwagen war auch die Option „Volles Potenzial für autonomes Fahren“ aktiv, für die der Konfigurator noch immer „bis Ende des Jahres“ Updates verspricht, die Ampel-, Verkehrszeichenerkennung und Funktionen für den Stadtverkehr bringen.
(tesla)Der Innenraum des Tesla Model 3.
Tatsächlich gibt es diese Funktionen immer noch nicht: Insbesondere die Erkennung von Geschwindigkeitsbeschränkungen fehlt sehr, zumal deutsche Premium-Autos mittlerweile reibungslos das Tempo an die Beschränkungen anpassen können.
Mit der Funktion „Navigation mit Autopilot“ wechselt der Tesla auf der Autobahn selbständig die Spur, überholt langsamere Autos und fährt auf Abbiegespuren. Dabei agiert das System mitunter überraschend forsch, der Lenkeingriff ist nur mit einem gewissen Kraftaufwand zu übersteuern. Gleichzeitig fordert die Elektronik immer wieder aktive Lenkbewegungen, um zu verhindern, dass der Fahrer sich vom Verkehrsgeschehen abwendet. Und die Elektronik macht immer wieder Fehler. So faszinierend die theoretischen Möglichkeiten dieses Systems sind: Den Aufpreis von 6.300 Euro sind sie in diesem Zustand nicht wert.
Fazit:
Das Tesla Model 3 Standard Range Plus ist alles andere als Magerkost: Das Auto fährt superagil und macht echte Fahrfreude. Die konkurrenzlose Ladeleistung macht den Tesla trotz des kleinen Akkus vergleichsweise langstreckentauglich. Die komplette Ausstattung macht den kleinen Tesla zur harten Konkurrenz nicht nur für E-Autos aus Japan und Korea, sondern auch für die sportlichen Verbrenner aus Deutschland.
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